Forschen – regional, mit und für Europa
(Ausgabe 4 / 2024) Sie fragen sich, was Steve Jobs mit der FHV zu tun hat oder wie Emmanuel Macron die FHV verändert hat? In diesem Leitbeitrag finden Sie die Antwort: Es geht um die Europäische Universität RUN-EU und wie diese die FHV und die Region verändert hat und weiter verändern wird.
Leitbeitrag von Markus Preißinger zur Internationalisierung der FHV-Forschung.
Was haben Steve Jobs und Emmanuel Macron mit der FHV zu tun?
In seiner berühmten Rede aus dem Jahr 2005 beschreibt Steve Jobs den Absolvent:innen der Universität Stanford, dass man manche Entscheidungen im Leben erst im Rückblick verstehen und zusammenfügen kann: „You can’t connect the dots looking forward, you can only connect them looking backwards.“ Vielleicht hatten einige Teilnehmer:innen bei der 30-Jahr-Feier der FHV auch diesen Satz im Kopf, als sie an ein wichtiges Datum für die Weiterentwicklung der gesamten FHV – in Forschung und in Lehre – zurückgedacht haben: den 26. September 2017.
An eben jenem Tag schlug Staatspräsident Emmanuel Macron an der Sorbonne in Paris in seiner Rede „Initiative für Europa“ vor, Europäische Universitäten zu gründen. Diese sollten „ein Netzwerk von Universitäten aus mehreren Ländern Europas bilden und […] einen Studienverlauf schaffen, in dem jeder Studierende im Ausland studiert und Seminare in mindestens zwei Sprachen belegt. Europäische Universitäten, die auch Orte pädagogischer Neuerung und exzellenter Forschung sind.“ Sein Ziel war es, bis 2024 mindestens zwanzig solcher Universitäten zu errichten. Damals hätten wohl die wenigsten Personen gedacht, dass unsere FHV genau zu diesen Universitäten gehören wird.
FHV wird Europäische Universität
Die FHV wagte den Schritt, sich gemeinsam mit Hochschulen aus Irland, Portugal, Finnland, Ungarn und den Niederlanden um den Status einer Europäischen Universität zu bewerben. Auch hier haben die handelnden Personen vielleicht wieder an Steve Jobs gedacht: „You have to trust that the dots will somehow connect in your future.“ So kam es dann auch: Seit 2020 ist die FHV Teil der Europäischen Universität RUN-EU, des Regional University Network. Was als (Pilot-)Projekt begann, ist spätestens seit der Erweiterung um zwei Hochschulen aus Spanien und Belgien sowie der gesicherten Finanzierung durch die europäische Union bis mindestens 2027 ein Netzwerk, das bleiben wird: Ein Netzwerk aus über 100.000 Studierenden. Ein Netzwerk aus über 10.000 Mitarbeitenden. Ein Netzwerk aus über 100 Forschungsgruppen und Forschungszentren. Ein Netzwerk von unzähligen Chancen für die Studierenden, die Forschenden und die gesamte Region.
Forschung auf Spitzenniveau – regional verankert, international vernetzt
Seit Beginn hat RUN-EU zwei zentrale Ziele: die international ausgerichtete Ausbildung von Studierenden und Forschung auf Spitzenniveau. Nicht jedoch im Elfenbeinturm, sondern stets mit und für die Region. Zwei Beispiele sollen das verdeutlichen.
Die RUN Student Academy ermöglicht forschungsaffinen Studierenden auf Masterlevel die Teilnahme an einem 9-monatige Mentoringprogramm. Das Ziel ist klar formuliert: Nach dieser intensiven Zeit sollen die Studierenden genau wissen, ob sie sich zukünftig in Forschung und Entwicklung sehen. Sei es an einer Hochschule mit dem Ziel, ein Doktorat zu abzuschließen, oder auch direkt in Unternehmen. Das Programm ist offen für alle Fachrichtungen – Interesse und Engagement sind die Hauptkritierien für die Aufnahme in die Academy. Auch nach dem Durchlaufen des Programms bleiben die Studierenden miteinander in Kontakt und bilden ein internationales Forschungs-Alumni-Netz, das über die Jahre hinweg stetig wächst und sich verzweigt. Im Idealfall entsteht so ein Netzwerk aus dringend benötigten Fachkräften, aus zukünftigen Professor:innen, aus FuE-Leiter:innen oder auch Geschäftsführer:innen in ganz Europa – und Vorarlberg ist mitten drin.
Einen Schritt später setzen die zukünftigen International Research Groups an. Hier kooperieren Forschende aus mindestens drei RUN-EU Partner:innenhochschulen und schaffen neue, meist interdisziplinäre Forschungseinheiten zu gesellschaftlich relevanten Themen. Durch die internationale Vernetzung entsteht rund um diese Themen eine kritische Masse, die es den einzelnen Hochschulen ermöglicht, internationale Forschung auf Spitzenniveau zu betreiben. Gemeinsame Publikationen, die Einwerbung von europäischen Forschungsgeldern oder auch kooperative Promotionsprogramme bieten jungen Fachkräften exzellente Rahmenbedingungen abseits der großen Universitätsstandorte: Wir kooperieren eng mit unseren regionalen Partner:innen aus Industrie und Gesellschaft. Gemeinsam schaffen wir Lösungen für drängende Fragen zum Beispiel in der Digitalisierung oder der Nachhaltigkeit und ziehen dadurch innovative Menschen an – brain gain statt brain drain, könnte man sagen.
Ganz Vorarlberg profitiert
Die Student Academy und die internationalen Forschungsgruppen werden die FHV und die Region insgesamt internationaler machen und stärken sie dadurch. Wie stark ganz Vorarlberg bereits jetzt von RUN-EU profitiert, zeigte sich eindrücklich in der Students Week und der Generalversammlung Anfang September: Über 300 Studierende, Mitarbeitende, Forschende und assoziierte Partner:innen aus Industrie und Politik waren zu Gast in Vorarlberg. Unter dem Motto „The future starts now“ wurden Kontakte geknüpft, Freundschaften geschlossen und natürlich Ideen ausgetauscht – innovativ, manchmal disruptiv, aber immer geeint in der Idee eines vereinten und vernetzten Europas. Die Abreise der Teilnehmenden war daher verbunden mit etwas Wehmut, gleichzeitig aber auch mit der Gewissheit: Wir kommen wieder nach Vorarlberg!
Zum Autor
Markus Preißinger ist gebürtiger Allgäuer und Forschungsleiter der FHV. Nach dem Abitur verbrachte er ein Jahr in Australien und Neuseeland, bevor ihn die Universität Bayreuth 13 Jahre lang in ihren Bann zog: Studium, Doktorat, Postdoc und der Aufbau des Zentrums für Energietechnik als Geschäftsführer. Im August 2017 wechselte Markus als illwerke vkw Stiftungsprofessor für Energieeffizienz und Leiter des Forschungszentrums Energie an die FHV. Es folgten die Leitung des Josef Ressel Zentrums für Intelligente Thermische Energiesysteme sowie die Übernahme der Forschungsleitung. Seit Juli 2024 ist Markus zudem Prokurist der FHV und leitet das Research Expert Network in der Europäischen Universität RUN-EU.
Bei Interesse sind Sie herzlich eingeladen mit dem Autor in Kontakt zu treten.