(Nicht-)Publikumsforschung in Museen 

 

(Ausgabe 4 / 2023) Das länderübergreifende Interreg-ABH-V-Projekt Neue Museumswelten wurde im Juni erfolgreich abgeschlossen. Es widmete sich der Frage, wie Museen ihr Angebot noch attraktiver für breitere Bevölkerungsanteile gestalten können. Das Team der Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften und der Fachbereich Gestaltung der FHV wählten zusammen mit ihren Projekt- und Praxispartner:innen einen integrativen Forschungsansatz.

Zwei junge Menschen stehen vor einem Stehtisch und betrachten verschiedene Karten | © FHV

Vielfältige Aufgaben

Museen erfüllen in unserer Gesellschaft eine Vielzahl an Aufgaben hinsichtlich der Bildung und Vermittlung von Wissen, aber auch von Werten. Auch zu Wertschöpfung, Beschäftigung und Tourismus leisten Museen wertvolle Beiträge. In Kooperation mit dem Zentrum für Kulturmanagement der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, dem vorarlberg museum in Bregenz, dem Stapferhaus in Lenzburg und der Abteilung Kultur der Vorarlberger Landesverwaltung ging das Projektteam der FHV der Frage nach, wie Museen ihr Publikum sowie auch aktuell (noch) Nicht-Museumsbesuchende zukünftig noch besser ansprechen können.

Das interdisziplinäre Projektteam verfolgte einen integrativen Ansatz, der Methoden und Perspektiven der Sozial- und Kulturmanagementforschung sowie der Forschung durch Design kombinierte. Eine Erkenntnis ist, dass der Anspruch, wirklich alle Bevölkerungsgruppen erreichen zu wollen, mit vertretbarem Ressourcenaufwand kaum eingelöst werden kann. „Menschen für einen Museumsbesuch zu begeistern, die Museen in der Vergangenheit nicht positiv erlebt haben oder einfach grundsätzlich anders gelagerte Interessen und Freizeitgestaltungsoptionen verfolgen, ist äußerst schwierig und wird, wenn überhaupt, nur über Beziehungsarbeit gelingen, bspw. eine persönliche Einladung aus dem sozialen Umfeld dieser Person“, erläutert Fabian A. Rebitzer, Leiter der Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften.

Publikums- und Bevölkerungsbefragungen

Die Befragungen zeigen, dass es das „eine“ Publikum und damit auch das „eine“ Nicht-Publikum für alle Museen nicht gibt. Vielmehr werden durch verschiedene Häuser unterschiedliche Gruppen angesprochen. Dennoch gibt es Menschen, die Museen einfach nicht als Möglichkeit ihrer Freizeitgestaltung in Erwägung ziehen, teils auch, weil sie unzutreffende Bilder davon haben. Jene hingegen, die ins Museum gehen, tun dies vor allem, um eine schöne Zeit zu verbringen, weil das Museum die eigenen Interessen aufgreift oder um die eigene Wissbegierde zu befriedigen.

Die Befragungen liefern auch Hinweise darauf, wie Museen wahrgenommen und zukünftig gewünscht werden. Während eine Gruppe das traditionelle Bild eines Museums präferiert, würde die andere ein interaktiveres, partizipativeres Angebot und den Einbezug neuer Konzepte wie digitale Medien begrüßen. Hieraus leitet sich für Museen die Herausforderung ab: Um breitere Publika zu erreichen, müssen auch heterogenere, teils sogar widersprüchliche Erwartungen erfüllt werden. Neues muss ergänzt werden, ohne das Bestehende zu verlieren.

Museumswalks, Futures Workshops und Toolbox

Darüber hinaus wurden für interessierte Personen begleitete Besuche in Form von „Museumswalks“ im vorarlberg museum angeboten. Die Forschenden luden im öffentlichen Raum dazu ein, mittels Cardsorting, also der Reihung visueller Motive, ihren Präferenzen Ausdruck zu verleihen. In Futures Workshops entwickelte das Projektteam mit Expert:innen, Besuchenden und Nicht-Besuchenden Zukunftsvisionen, Entwicklungspfade und Szenarien für Museen. Was die zukünftige Einbindung von Besuchenden betrifft, empfiehlt es sich, „Interaktionsmöglichkeiten in die Ausstellungen einzubauen. Die Themen sollten Anknüpfungspunkte zu den Lebenswelten des Publikums als Touchpoints bieten. Außerdem gilt es, bestehende soziale Netzwerke bzw. Communities zu nutzen“, führt Margarita Köhl, Leiterin des Fachbereichs Gestaltung, aus.

Auf Basis aller Erkenntnisse und Ideen wurde schließlich ein Prototyp einer Toolbox entwickelt. Die Toolbox unterstützt Museen dabei, ihre Positionierung sowie ihre Beziehungen zu Zielgruppen zu reflektieren. So ermöglicht sie unter anderem die Entwicklung vielfältiger und niederschwelliger Ansprachen diverserer Besucher:innengruppen.

 

Forschungsgruppe Empirische Sozialwissenschaften, FHV

Oktober 2023